Dies ist eine Liste mit Oxymera im Kontext Komplexität, welche ich kurz erkläre. Sollten Sie ein Oxymoron beisteuern wollen, freue ich mich über Ihre Nachricht. Ich ergänze die Liste sehr gerne.

 

Definition aus Wikipedia: Ein Oxymeron ist eine rhetorische Figur, bei der eine Formulierung aus zwei gegensätzlichen, einander widersprechenden oder sich gegenseitig ausschließenden Begriffen gebildet wird. 

 

Einige alltagstaugliche Bespiele sind: alter Knabe, Hallenfreibad, Doppelhaushälfte, herrenloses Damenfahrrad oder eingefleischter Vegetarier.

 

1. Komplexitätsmanagement

Logischerweise kann man Komplexität nicht "managen", also gezielt mit einer wenn-dann-Logik verändern. Wäre das möglich, wäre das Problem nicht komplex sondern kompliziert. Man spricht auch von der Kontingenz von Ereignissen - alles was ist, hätte auch anders passieren können. Oder nochmal anders: ein kontingentes Ereignis ist weder notwendig noch ist es unmöglich. 

 

 

2. Kulturentwicklung, Kulturveränderung, Change Management 

Kultur kann man nicht unmittelbar verändern, sondern nur beobachten und durch geschickte Intervention stören oder überlisten. Unternehmenskultur folgt immer den Ereignissen und ist somit nie der Ausgangspunkt. Eine passende Analogie wäre beispielsweise, dass Unternehmenskultur wie der Schatten einen Organisation ist - der Schatten folgt seinem Spender - siehe hierzu Geno-Impuls Nr. 6

 

 

3. Planungssicherheit

Wenn sie einen ambitionierten Controller ärgern wollen, konfrontieren Sie ihn doch mal mit dem Scherz: Planung ersetzt Zufall durch Irrtum.

 

Planung funktioniert gut in trägen, beherrschbaren Märkten. Zu Beginn des neuen Geschäftsjahres wird ein Plan aufgestellt, verabschiedet und dann abgearbeitet. Der Manager überwacht dann mit dem klassischen PDCA-Zyklus die Einhaltung des Planes und steuert ggfs. gegen. In komplexen bzw. dynamischen Zeiten, ist Planung oder Steuerung eine Illusion. Im besten Fall ist diese dann wirkungslos, im schlechtesten der Fälle führt sie das Unternehmen in eine Falle. 

 

 

4. Innovationsmanagement

 

Innovationen stehen am Ende einer Kette von Misserfolgen. Innovation setzt Ideen voraus. Nur Talente haben Ideen - diese gibt es immer nur außerhalb der Ratio. Warum? Weil Ideen durch Gefühle entstehen und nicht durch rationale Gedanken. Gerhard Wohland meint dazu treffend: Wer ein solches Gefühl nicht kennt, der ist noch nicht mal ansatzweise in die Nähe einer Innovation gekommen. Innovation zur Lösung neuer Probleme gibt es nur im roten, komplexen Teil der Wertschöpfung. Das Komplizierte mit seinen Regeln und Prozessen ist dafür blind.

 

Auch wenn es vielleicht en vogue ist Innovationsmanagement in ein Organigramm zu schreiben und zu managen, so ist es im Kontext Komplexität aus meiner Sicht purer Blödsinn, weil man es weder steuern, noch beherrschen kann.

 

 

5. Motivationstraining

 

Zunächst sollte man zwei Begriffe unterscheiden bzw. klar von einander abgrenzen: Motivierung und Motivation. Eine Koexistenz von beiden ist nicht möglich. 

 

Motivierung: Kommt von außen und ist der Versuch der Führungskraft den eigenen Mitarbeiter durch externe Anreize zu beeinflussen. In einer Kurzzusammenfassung würde ich das mit "Zuckerbrot & Peitsche" auf den Punkt bringen. Zu den Motivierungsanreizen gehören beispielsweise Bonuszahlungen und Tantiemen, Zielvereinbarungen, alle Formen von Incentivierung (Dienstwagen, Diensthandy, eigener Parkplatz, Einzelbüro...), aber auch alle Arten von unternehmensinternen Regeln wie beispielsweise Arbeitszeiterfassung, Reisekostenrichtlinien etc.

 

Davon abzugrenzen ist die (Eigen-)Motivation des Menschen, die sogenannte intrinsische Motivation. Es ist das, was jeden Menschen ganz individuell und persönlich antreibt und motiviert. Dies ändert sich natürlich auch im Laufe des Lebens. In diesem Zusammenhang kann ich jedem nur das Konzept der Lebensmotive empfehlen (beispielsweise von Prof. Steven Reiss https://www.reiss-profile-ausbildung.de/reiss-profile-was-ist-das/). Übrigens ein Aspekt, der bei der Personalauswahl in Firmen vor lauter Fokussierung auf Kompetenzen und Qualifikationen völlig übersehen wird. Ein wie ich finde fataler Fehler...

 

Aber wie entsteht eine solche Motivation? Diese entsteht durch Resonanz zwischen einer Fähigkeit und einem konkreten Problem. Ein Talent oder ein Könner muss sich also vom Problem provoziert fühlen und ein Gefühl für einen möglichen Lösungsweg spüren. 

 

Das Widersprüchliche am Motivationstraining ist also der Irrglaube (sorry für die Wertung), dass man Menschen durch externe (An-)reize motivieren könnte. Das Beste was in diesem Zusammenhang passieren kann ist, dass man Menschen durch externe Einflüsse nicht demotiviert. 

 

 

6. Wertschöpfungskette

 

Ist als Gesamtheit aller Prozesse die zu Wertschöpfung führen definiert. Zunächst sollte man wertschöpfende und wertverbrauchende Tätigkeiten von einander abgrenzen. Zum Thema Verschwendung sei auf Methoden wie Lean verwiesen -> Muda oder "TIM WOODS". 

 

Das Problem ist, dass nicht alle Verrichtungen entlang der Wertschöpfungskette wertschöpfend sind. Viele Tätigkeiten verschwenden Zeit, Material, menschliche Ressourcen und damit „Wert“. Der Begriff beinhaltet demnach einen inneren Widerspruch und sollte deshalb vermieden werden.

 

 

7. Informationsübermittlung oder -flut

 

Das kann es im Sinne der soziologischen Systemtheorie nicht geben. Informationen entstehen ausschließlich im Bewusstsein bzw. in einem sog. psychischen System auf Basis eines Ereignisses oder auf Basis von beispielsweise Daten.

 

1. Schritt (Perspektive Ego): Nur das Bewusstsein ist in der Lage aus einer Vielzahl an Reizen eine Information zu konstruieren. Diese Information bleibt aber im (psychischen) System "gefangen", verlässt es also nicht. Leider ist diese Erkenntnis zu wenig verbreitet, so dass sich viele Menschen wundern, warum sie von anderen nicht in ihrem eigenen Sinne verstanden werden -> Warum sieht die Welt die Dinge nicht so wie ich?  

 

2. Schritt (Perspektive Ego)Man kann sich entscheiden diese Information für sich zu behalten oder aber auch mitzuteilen. Dazu stehen verschieden Möglichkeiten der Mitteilung zur Verfügung (mündlich, schriftlich, laut, leise, non-verbal...). Ego selektiert also aus einer gewissen Anzahl an Übertragungsmöglichkeiten der Information die eine Explizite aus. 

 

3. Schritt (Perspektive Alter): Damit Kommunikation überhaupt im Sinne der Systemtheorie stattfindet, braucht es den Anderen, der nämlich die Mitteilung quasi "annimmt" bzw. diese als Mitteilung einer Information versteht. Das Verstehen ist die Einheit der Unterscheidung von Information und Mitteilung (sorry, das klingt sehr sperrig bzw. abstrakt). Nur Alter kann dann entscheiden ob Folgekommunikation mit Ego stattfindet.

 

Noch eine Anmerkung zu Sprache aus einer systemtheoretischen Perspektive: Nur durch die Tatsache, dass Sprache eine gewisse Ungenauigkeit bzw. Unschärfe beinhaltet kommt es zu Missverständnissen, was wiederum Folgekommunikationen auslöst. Wäre das nicht so, wäre bald alles auf dieser Welt gesagt / verstanden und Menschen würden aufhören miteinander zu kommunizieren. 

 

Fazit: Informationsübertragung oder deren Flut ist ein Oxymoron, da Information das menschliche Gehirn nicht verlassen kann. Was es aber geben kann, ist beispielsweise im unternehmerischen Kontext eine Datenflut. Die eigentliche "Datenverarbeitung" zu einer Information kann nur im (menschlichen) Bewusstsein erfolgen. 


     

8. Fehlerkultur


Zunächst gilt es zwei Begriffe voneinander abzugrenzen, nämlich den „Fehler“ und den „Irrtum“. Ein Fehler entsteht bei einer Abweichung vom Soll. Irrtümer hingegen sind Annahmen, die sich im Nachhinein als falsch herausstellen. 


Verstösst man gegen eine Regel oder einen Prozess, so macht man einen Fehler - daraus kann man nichts lernen. Wird zu häufig im Unternehmen von diesen Sollvorgaben abgewichen, entsteht Chaos - das passiert im komplizierten, blauen Teil der Wertschöpfung. 


Im komplexen, roten Teil treffen Talente Entscheidungen; diese basieren ggfs. auf Prinzipien. Stellen sich diese im Nachhinein als falsch heraus, liegt ein Irrtum vor. Nur aus Irrtümern wird das Talent bzw. die Organisation klug bzw. kann etwas lernen. Der korrespondierende Begriff beim Irrtum im komplexen Teil der Wertschöpfung ist nicht „Chaos“ sondern „Dynamik“. 


Die so oft gerne vom Management verordnete oder eingeforderte Fehlerkultur ist also Blödsinn. Erstens weil der Irrtum und nicht der Fehler gemeint sein sollte und weil man das Eingehen von Risiken oder das Treffen von Entscheidungen nicht einfordern, sondern lediglich beobachten kann.